Wendländische Fachwerkhäuser
Wir planen seit über 40 Jahren Fachwerkhäuser im Wendland. In den 50er und
60er Jahren wurde häufig Fachwerk zurückgebaut und durch ein
Massivmauerwerk ersetzt. Günter Meyer war in den 1970er Jahren einer der ersten Planer hier im
Wendland, die Fachwerk nicht mehr zurückgebaut, sondern in Stand gesetzt
und erneuert hat.
Die Fachwerkhäuser folgen einem historischen Stiel,
der sich insbesonderen in den vielen Rundlingsdörfern hier im Wendland
zeigt.
Hierzu ein kleiner Exkurs in die Geschichte
Geschichtliche Entwicklung des wendländischen Fachwerkhauses
Herkunft des Haustyps
Das Verbreitungsgebiet des niederdeutschen Hallenhauses erstreckt sich von der holländischen Grenze bis zur Oder. Somit liegt unser Gebiet etwa in der Mitte. Bei diesem Haustyp handelt es sich um ein Mittellängsdielenhaus mit einem am hinteren Ende angeordneten Wohnteil. Wie ein ergrabener Befund eines Hallenhauses aus dem 12. Jahrhundert belegt, stellt die Urform einen Einraum dar. Das Fehlen abgeschlossener Kammern lässt nur den Schluss eines Wohnens um die am rückwärtigen Ende angeordnete Herdstelle zu. In der Höhe wurde dieser Raum nur begrenzt durch eine Decke, auf der im Dachraum die Ernte lagerte.
Historische Entwicklung in unserem Gebiet
Das Alter der nachweisbaren Bausubstanz lässt sich nicht weiter zurückverfolgen als bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts verfolgen. Ein Großteil der Bauten ist im 30-jährigen Krieg zerstört worden, ein weiterer Teil durch Brände, vor allem in den Rundlingen. Jedoch läßt sich von dieser Zeit die Entwicklung bis zu den letzten Bauten um 1900 durch typische Beispiele belegen. Die Entwicklung zeigt eine Erhöhung des Raumbedarfs und somit eine Veränderung der Bauform. So entstand aus dem weit nach unten gezogenen Dach an den Traufseiten eine Seitenwandhöhe von ca. 3,50 m. Einher geht hiermit auch eine Änderung des konstruktiven Gefüges.
Haustypen
Zweiständerhaus
Die älteste übernommene Form ist das Zweiständerhaus. Das konstruktive
Merkmal ist die Anzahl der die Dachbalken tragenden Ständerreihen, hier also
zwei, wie die Schnittzeichnung ersichtlich macht. Die seitlich angehängten
Abhängungen gehören nicht zur tragenden Primärkonstruktion. Die
Verwendung dieses Haustyps endet etwa um 1700.
Dreiständerhaus
Das Dreiständerhaus stellt eine Weiterentwicklung dar, wobei die
Giebelansicht durch die nur einseitig erhöhte Traufwand asymmetrisch erscheint.
Dieser Haustyp bildet eineÜbergangsform und ist nur in wenigen Exemplaren
erhalten.
Vierständerhaus
Durch den Mehrbedarf an Stallung, Wohnen und Bergeraum durch verbesserte
landwirtschaftliche Bedingungen entstand das Vierständerhaus, etwa ab 1800
beginnend. Es ist die auch heute noch verbreitetste Hausform. Die durchlaufenden
Dachbalken werden von jeweils vier Ständerreihen getragen (Außen- und
Dielenseitenwände).
Materialien
Gebaut wurde geschichtlich aus den Materialien, die heimisch waren. So waren
es in unserem Gebiet Eichen- und Nadelholz, Reet, Stroh, Lehm und Weiden. Ziegel
als Mauersteine und Dachpfannen kamen erst später hinzu.
Die Ausfachungen
bestanden ursprünglich aus Weidenwellwerk, beidseitig mit Stroh-Lehm verputzt,
im 19. Jahrhundert kam die Verwendung von Mauerziegeln auf. Etwa um 1850 wurden
bei Neubauten keine Weichbedachungen mehr zugelassen, d. h. aus Stroh- u.
Reetdächern wurden Ziegelpfannendächer.
Schmuckelemente
Eine besondere Ausprägung erhielten in allen Zeiten die Giebel der Toreinfahrten. Hier wurde durch aufwendiges, engmaschiges Gitterwerk der Wohlstand dokumentiert. Die beiden Längswände und der rückwärtige Giebel behielten dagegen das großflächige Fachwerk. Weiter auffällig sind die quer über den Giebel verlaufenden geschnitzten Spruchbalken und Zierelemente über der Toreinfahrt.
War bis Ende des 17. Jahrhunderts eine Farbgebung unbekannt, setzte diese mit Beginn des 18. Jahrhunderts ein, fand jedoch ihre stärkste Ausprägung (mit der Erfindung der chemischen Farben) im 19. Jahrhundert. Es wurde eine kräftige, lebhafte und kontrastreiche Farbgebung bevorzugt, die sich bis in die kleinsten Schmuckelemente erstreckte.
Rundlinge
Wurde der Haustyp in seinen zeitlich verschiedenen Erscheinungsformen in allen Dorfformen (Straßen-, Haufendörfer) errichtet, zeigt er jedoch die eindrucksvollste Wirkung in dem hiesigen Rundlingsgebiet, dem größten in Deutschland. In seinem Kern, ca. 5 km westlich von Lüchow gelegen, zeigen sich etliche, fast unverfälschte Runddorfformen.
Diese kennzeichnen sich durch eine Ringbebauung der Einzelhöfe um einen runden oder ovalen unbebauten Dorfplatz. Erschlossen wurden die Rundlinge durch nur eine Zufahrt. Die Rückseite wurde gebildet durch Eichenhaine als Windbrecher und nachwachsendes Bauholz.
Durch die enge Bauweise zum Dorfplatz wurden zahlreiche Rundlinge bei Bränden vollständig vernichtet, so ist z. B. Satemin der letzte, in einem Zuge wieder aufgebaute Rundling (Ortsbrand 1850). Daher zeigt dieser ein recht einheitliches Bild der Haustypen.
Verwendete Literatur
"Das Hann. Wendland"
3. Auflage
LK Lüchow-Dannenberg (Selbstverlag)
"Vom Bauen und Wohnen"
Akademie-Verlag, Berlin 1982
"Das Niederdeutsche Hallenhaus u. seine Nebengebäude"
c.I. Johannsen
1979
Landbuch-Verlag, Hannover
"Rundlingsdörfer im Wendland"
Bearbeiter: Arbeitskreis
Rundlingsforschung
Quelle: www.luechow.de